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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Oktober 2012)

Das älteste Kaufmannsbuch der Stadt Oldenburg. Vor 500 Jahren begann 1512 der Tuchhändler Johann Hungerhove seine Aufzeichnungen (StA Oldenburg, Dep. 10 Best. 262-1 Gb Nr. 1)


StA Oldenburg, Dep. 10 Best. 262-1 Gb Nr. 1  

Das Rechnungsbuch des Kaufmanns und Tuchhändlers Johann Hungerhove in Oldenburg zeigt seinen gesamten Warenhandel. Neben Tuchen in den Farben Blau, gelb, grau, grün und schwarz handelte er auch mit Butter, Fisch, Getreide, Salz, Seife, Speck und Wolle. Natürlich führte er wie jeder Kaufmann damals eine Liste von Schuldern, die er geografisch sortiert hatte. Die dazugehörigen Abrechnungen mit den Schuldnern wurden, wenn die Geschäfte erledigt waren, durchgestrichen. Sein Handel erstreckte sich räumlich weit über Stadt und Grafschaft Oldenburg hinaus bis zu den niederländischen Städten Amsterdam, Hardewijk, Hilversum und Zwolle, auch nach Brügge und bis zu den niederrheinischen Städten Dortmund, Köln, und Soest. In der damaligen Grafschaft Oldenburg betrieb er seinen Handel im Ammerland, im Vareler und im Jeverland, in Stedingen und Wüstenland, im Land Wursten rechts der Weser und in den auf reine Vieh- und Milchwirtschaft ausgerichteten reichen Marschlanden Butjadingen und Stadland.

Das Rechnungsbuch ist ca. 10 cm dick, der Einband basiert auf starken Holzdeckeln und Schließspange, dabei auch Blätter einer Pergamenthandschrift; die Beschreibseiten sind aus Papier ohne Blatt- oder Seitenzählung; das Buch verfügt an der Seite über sog. Registerknöpfe aus Pergament, die für jeden Handelsort stehen.

Kaufmann Hungerhove starb etwa 1526. Auf Beschluss des Rates der Stadt Oldenburg erbte seine Witwe Geseke sein Vermögen. Die Erbin ernannte ihren Vetter Friedrich Boech, einen katholischen Geistlichen und Vikar an der Kollegiatkirche St. Lamberti, zu ihrem Geschäftsführer mit Rechtsprokura. An ihn kam das Erbe nach dem Tode der Geseke, die Stadt Oldenburg setzte Friedrich Boech förmlich in den Besitz ein. Um 1545 gelangte das historisch wertvolle Kaufmannsbuch in die städtische Kanzlei. Dort wurde es zwar von dem Stadtschreiber Balthasar Ducker zu Eintragungen für die Steuerveranlagung weiter benutzt, aber so blieb es auch erhalten, kam von dort 1916 in das Stadtarchiv, wo es erstmals wissenschaftlich ausgewertet und 1994 restauriert wurde.

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