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Aus den Magazinen des Landesarchivs (Februar 2014)

Asegabuch und friesische Freiheit – vor 500 Jahren wurde die Wesermarsch oldenburgisch (1514) (NLA - Oldenburg - Best. 24-1 Ab Nr. 2)


NLA - Oldenburg - Best. 24-1 Ab Nr. 2  

Das abgebildete Asegabuch ist die einzig erhaltene zeitgenössische Abschrift des friesischen Rechts, das in den friesischen Landesgemeinden Butjadingen und Stadland im Mittelalter gültig war und zu den friesischen Landrechten der südlichen Nordseeküste zählt. Das Rechtsbuch, das um 1300 abgeschrieben wurde, stellt zudem das vielleicht prägnanteste Sinnbild „friesischer Freiheit“ dar, die vor 500 Jahren, Ende Januar 1514, in der Schlacht von Hartwarden ihr Ende gefunden haben soll. Die Rechtsprechung durch die so genannten Redjeven wurde damit ersetzt durch die gräflich-oldenburgische Gerichtsbarkeit, für die das Oldenburger Grafenhaus im unmittelbar an der Grenze zum eroberten friesischen Gebiet gelegenen Ovelgönne einen Verwaltungs- und Gerichtssitz schuf. Im 16. Jahrhundert verteidigten die neuen friesischen Untertanen gegenüber dem Grafenhaus die Reste ihrer Unabhängigkeit und nutzten dafür den Umstand, dass Teile ihres Gebietes den Oldenburgern nur als welfisches Lehen zustanden. Sie riefen das Welfenhaus als Schutzherrn an und erreichten in Verhandlungen zumindest auf dem Papier, dass das Asegabuch als Rechtsquelle weiterhin Anerkennung finden sollte.

Freilich konnte das alte friesische Recht nicht mehr die Rechtsmittel und Rechtssicherheit bieten, die eine auf hoher Besitzfluktuation und Kreditverkehr beruhende Agrargesellschaft erforderlich machte. 1664 löste Graf Anton Günther von Oldenburg ein bereits 1616 gegebenes Versprechen ein und verabschiedete ein Erneuertes, verbessertes und confirmirtes Land-Recht des Stadt- und Buttjadinger-Landes. Schon im 16. Jahrhundert, vor allem aber in den folgenden Jahrhunderten nutzten gerade die Marschenbauern gerne die landesherrlichen Gerichte. Das Asegabuch hatte spätestens jetzt ausgedient, freilich blieb die Ideologie „friesischer Freiheit“ in unterschiedlicher Ausformung bis heute erhalten. Dabei hatte sie nie mehr bedeutet als die Unabhängigkeit der friesischen Landesgemeinden von feudaler Landesherrschaft und war nach innen auch nichts anderes als Herrschaft einer wirtschaftlich potenten und damit politisch aktiven Oberschicht, die sich in anderen friesischen Gebieten wie in Ostfriesland oder im Jeverland längst zur Ausbildung einer Häuptlingsherrschaft weiter entwickelt hatte. Die Bewohner der Wesermarsch blieben „Oldenburger“ und wurden schließlich Niedersachsen, das heutige Rechtssystem würden sie wohl kaum noch gegen das des Asegabuches eintauschen wollen.

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