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Benutzung: Gestern -- Heute -- Morgen

Am 5. und 6. Juni 2018 trafen sich rund 200 Fachleute aus den fünf norddeutschen Ländern beim 7. Norddeutschen Archivtag in Hannover.


Das Sprengel Museum in Hannover war am 5. und 6. Juni 2018 Schauplatz des 7. Norddeutschen Archivtages. Dr. Christine van den Heuvel, Präsidentin des Niedersächsischen Landesarchivs, begrüßte rund 200 Archivarinnen und Archivare staatlicher, kommunaler, kirchlicher und Hochschularchive aus den fünf norddeutschen Bundesländern, die zwei Tage über das Thema „Benutzung: Gestern – Heute – Morgen“ diskutierten.

In seinem Grußwort hob Bürgermeister Thomas Hermann die Bedeutung der Archive für die Geschichte und für geschichtspolitische Diskussionen hervor. Dr. Jörg Mielke, Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei, betonte die Bedeutung der Digitalisierung für die Archive und bewertete länderübergreifende Kooperationen auf diesem Feld als kluge Entscheidung der Archive. Die von Prof. Dr. Dr. Reiner Hering am Dienstagvormittag moderierte Aktuelle Stunde befasste sich unter anderem mit den „Nachgelassenen Schriften zur Archivwissenschaft“ des Historikers und langjährigen Leiters des Staatsarchivs Hannover, Adolf Brenneke. Der Herausgeber des frisch erschienenen Buches, Dr. Dietmar Schenk, stellte die Edition dem Publikum vor.
Thomas, Hermann, Bürgermeister der LH Hannover
Thomas Hermann, Bürgermeister der LH Hannover
Dr. Jörg Mielke, Chef der Nds. Staatskanzlei
Prof. Dr. Dr. Rainer Hering, Landesarchiv Schleswig-Holstein
Dr. Dietmar Schenk

Das Programm des Archivtages widmete sich sowohl der historischen Dimension der Benutzung von Archiven als auch der gegenwärtigen Situation in den Lesesälen. Die erste Sektion befasste sich unter anderem mit den Anfängen der Archivbenutzung vor 200 Jahren und den veränderten Bedingungen in Mecklenburg-Vorpommern nach 1990.

Nachdem sich die Archive vom 19. Jahrhundert sukzessive gegenüber den Bürgern geöffnet hatten, gehört die Benutzung heute zu den klassischen Kernaufgaben der Archive. Dazu gehören neben der Erschließung und Bereitstellung von Archivalien die Benutzerberatung und auch die Akquise, die Gewinnung neuer Benutzerkreise durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit. Archivbenutzung heute, dies bedeutet auch ein Reagieren auf die spezifischen Nutzerinteressen in Archiven unterschiedlicher Größe und Sparte. Berichte aus kommunalen und staatlichen Archiven in der Sektion „Heute“ verdeutlichten diese unterschiedlichen Anforderungen. Dem gegenüber bewegen sich alle Archive heute zwischen Anforderungen der Öffentlichkeit einerseits und (datenschutz)rechtlichen Rahmenbedingungen andererseits.

Zugleich ist die Benutzung einem starken Wandel unterworfen. Der Lesesaal der Zukunft zeichnet sich bereits ab und in Zeiten fortschreitender Digitalisierung wird sich Benutzung künftig vielfach auch im virtuellen Raum vollziehen. Auch der direkte Kontakt zu den Benutzerinnen und Benutzern verlagert sich ins Netz – Beratung und Fachaustausch finden vermehrt in sozialen Medien statt. Auch diesen Themen widmete sich eine Sektion der Tagung.

 
Dr. Philipp Müller, Dr. Bernd Kasten, Marion Alpert, Dr. Brigitta Nimz, Prof. Dr. Konrad Elmshäuser (V.l.n.r.)
 
Kirsten Puymann, Dr. Sabine Graf, Alexander Rehwaldt, Dr. Natascha Noll, Dr. Thorsten Unger (v.l.n.r.)
 
Dr. Hendrik Weingarten, Danny Kolbe, Anna Philine Schöpper, Dr. Thomas Scharf-Wrede, Birgit Hoffmann, Dr. Martin Schoebel, Dr. Mirko Crabus (v.l.n.r.)

Die Balance zu finden zwischen dem berechtigen Wunsch der Öffentlichkeit nach Zugang zu authentischen Unterlagen im Archiv einerseits und der Bereitstellung originär digitaler und digitalisierter Unterlagen im virtuellen Raum andererseits stellt eine der großen Herausforderungen dar, der sich Archive heute stellen müssen. Beides ist mit großen Anstrengungen verbunden und setzt die Bereitstellung entsprechender Ressourcen voraus. Dass vielen Archiven die für die Archivierung digitaler Daten notwendigen Ressourcen nicht zur Verfügung stehen – auch dies war ein Ergebnis der Diskussionen und des Erfahrungsaustauschs – hat gravierende Folgen, für die Archive ebenso wie für die Gesellschaft. Denn wo Übernahmen nicht mehr durchgeführt werden, wo archivwürdige Daten nicht mehr fachgerecht archiviert werden können, tun sich Überlieferungslücken auf, kann Vergangenheit nicht mehr rekonstruiert werden. Mit Blick auf die Notwendigkeit, digitale Unterlagen zu übernehmen und für nachkommende Generationen zu bewahren resümierte Dr. Cornelia Regin, Leiterin des Stadtarchivs Hannover: „Wenn wir diesen Schritt nicht schaffen, werden wir in Zukunft eine geschichtslose Landschaft haben.“

Dr. Cornelia Regin, Stadtarchiv Hannover
Archivtagsteilnehmer in der Mittagspause

Nicht nur Archivarinnen und Archivare kamen auf der Fachtagung zu Wort. Die Podiumsdiskussion am Mittwochvormittag sorgte für einen Perspektivwechsel. Vertreterinnen und Vertreter der Wissenschaft, der politischen Bildung, der Genealogie, der Schulen und der Museen schilderten in knappen Statements Archivbenutzung aus ihrer jeweiligen Sicht und brachten ihre spezifischen Anliegen und Anforderungen vor. Die sich daran anschließende Podiumsdiskussion aller Beteiligten vertiefte die unterschiedlichen Aspekte und bot Gelegenheit zum Austausch mit der Archivseite, die von den eingebrachten Impulsen sicherlich profitieren wird.

 
Podiumsdiskussion: Prof. Dr. Carl-Hans Hauptmeyer, Prof. Dr. Thomas Schwark, Dirk Weissleder, Johanna Sachse, Prof. Dr. Dietmar von Reeken, Ulrika Engler (v.l.n.r.)

Ein Perspektivwechsel ganz anderer Art lenkte den Blick am Dienstagabend auf eine ungewöhnliche Form der Archivbenutzung: Die Bremer Shakespeare Company präsentierte sich mit einer eindrucksvollen szenischen Lesung historischer Akten zum Thema „Geflüchtet, unerwünscht, abgeschoben. ‚Lästige Ausländer‘ in der Weimarer Republik“. Im Anschluss daran stellten Sigrid Dauks (Universitätsarchiv Bremen) und Dr. Eva Schöck-Quinteros (Universität Bremen) das Crossover-Projekt zwischen Geschichtswissenschaft und Theater „Aus den Akten auf die Bühne“ vor, das in Bremen bereits seit vielen Jahren großen Zuspruch erfährt.

Tagungsbüro: Petra Diestelmann, Oliver Gemke, Wiebke Wiedenroth, Britta Klein (v.l.n.r.)

Dr. Christine van den Heuvel verabschiedete die Tagungsgäste und zog ein positives Resümee der Veranstaltung. Dr. Martin Schoebel, Leiter des Landesarchivs Mecklenburg-Vorpommern, lud die Tagungsgäste für den 8. Norddeutschen Archivtag 2021 nach Mecklenburg ein.

Die Beiträge des 7. Norddeutschen Archivtages werden in der Ausgabe 22/2018 der Archiv-Nachrichten Niedersachsen veröffentlicht werden.

Dienstag, 5. Juni 2018

11.00 Uhr
Begrüßung

Dr. Christine van den Heuvel, Präsidentin des Niedersächsischen Landesarchivs

Grußwort
Thomas Hermann, Bürgermeister der Landeshauptstadt Hannover

Aktuelle Stunde
Prof. Dr. Dr. Rainer Hering, Landesarchiv Schleswig-Holstein

Grußwort
Dr. Jörg Mielke, Chef der Niedersächsischen Staatskanzlei

13.00 Uhr
Mittagspause

14.00 Uhr
Sektion I „Gestern“

Moderation: Prof. Dr. Konrad Elmshäuser, Staatsarchiv Bremen

PD Dr. Philipp Müller, Universität Göttingen
Die Geschichte der Archivbenutzung in Preußen

Dr. Bernd Kasten, Stadtarchiv Schwerin
Die Belastung der Archive in Mecklenburg-Vorpommern durch Anfragen von Bürgern und Verwaltung nach 1990

Dr. Brigitta Nimz und Marion Alpert, Staatsarchiv Bremen
Die Benutzerberatung – Das ungeliebte Kind? Andere Wege im Staatsarchiv Bremen

15.30 Uhr
Kaffeepause


16.00 Uhr
Sektion II „Morgen“

Moderation: Dr. Sabine Graf, Niedersächsisches Landesarchiv – Standort Hannover

Dr. Natascha Noll, Niedersächsisches Landesarchiv – Standort Hannover
Virtuelle Lesesäle – Die Benutzung von Archivgut in der Zukunft

Alexander Rehwaldt, Stadtarchiv Grevesmühlen und
Kirsten Puymann, Gemeinsames Archiv des Kreises Steinburg und der Stadt Itzehoe
Auswirkungen der Zusammenarbeit mit ancestry und mit family search auf die Benutzung

Dr. Thorsten Unger, Universitäts- und Hochschularchiv Osnabrück
Bürgerbeteiligung, kollaboratives Arbeiten und proaktiver Nutzerkontakt – „Frustrationspotential“ oder Chance?

17.30 Uhr
Pause

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18.00 Uhr
Öffentliche Abendveranstaltung

Moderation: Dr. Cornelia Regin, Stadtarchiv Hannover

bremer shakespeare company
Geflüchtet, unerwünscht, abgeschoben.
"Lästige Ausländer" in der Weimarer Republik.
Auszüge aus der szenischen Lesung

Sigrid Dauks, Universitätsarchiv Bremen und
Dr. Eva Schöck-Quinteros, Universität Bremen
Aus den Akten auf die Bühne – ein Crossover-Projekt zwischen Geschichtswissenschaft und Theater

ab 19.30 Uhr
Gelegenheit zum gemeinsamen Abendessen
Ständige Vertretung, Friedrichswall 10, 30159 Hannover



Mittwoch, 6. Juni 2018


9.00 Uhr
Sektion III „Heute“

Moderation: Dr. Martin Schoebel, LAKD Mecklenburg-Vorpommern – Landesarchiv

Anna Philine Schöpper, Kreisarchiv Osnabrück
Aspekte der Nutzung von Personenstandsunterlagen

Dr. Hendrik Weingarten, Niedersächsisches Landesarchiv - Standort Hannover
Datenschutzaspekte der Archivbenutzung

Dr. Mirko Crabus, Stadtarchiv Lingen und
Danny Kolbe, Stadtarchiv Lüneburg
Benutzung in kommunalen Archiven. Die Beispiele Lingen und Lüneburg

Birgit Hoffmann, Landeskirchliches Archiv Braunschweig und
Dr. Thomas Scharf-Wrede, Bistumsarchiv Hildesheim
Veränderungen in der Nutzung kirchlicher Archive

10.45 Uhr
Kaffeepause


11.15 Uhr
Statements
„Benutzung aus der Perspektive der Nutzer“

Moderation: Prof. Dr. Carl-Hans Hauptmeyer, Universität Hannover

Prof. Dr. Dietmar von Reeken, Universität Oldenburg
Wissenschaft

Ulrika Engler, Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung
politische Bildung

Dirk Weissleder, Deutsche Arbeitsgemeinschaft genealogischer Verbände e.V.
Familiengeschichte, Auswanderer, Nachkommen

Dr. Sabine Horn, Universität Bremen
Zusammenarbeit Archive - Schulen

Prof. Dr. Thomas Schwark, Museen für Kulturgeschichte Hannover
Museen

12.45 Uhr
Verabschiedung

Dr. Christine van den Heuvel, Präsidentin des Niedersächsischen Landesarchivs

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